Seit Anfang 2018 schwelt ein Handelskonflikt zwischen den USA und der Volksrepublik China. Der Streit wird auf beiden Seiten mit den Mitteln der Zollpolitik ausgetragen. Die USA führten u.a. Strafzölle auf chinesische Solartechnik und Waschmaschinen ein sowie weltweit geltende Einführzölle auf Stahl und Aluminium. Vorübergehend nahmen die USA Mexiko, Kanada und die EU-Staaten davon aus. Im Gegenzug belegte China mehrere Hundert US-Produkte mit Strafzöllen. Der Streit hat den weltweiten Aktienmarkt im Griff. Besonders die Kurse chinesischer Aktien verloren signifikant an Wert.
Als Auslöser der Auseinandersetzung gilt das erhebliche Handelsbilanzdefizit, das die USA gegenüber China aufweisen. Während die USA im Jahr 2017 Güter im Wert von gut 130 Mrd. Dollar nach China exportierten, importierten sie von dort Waren im Wert von über 500 Mrd. Dollar. Ferner warf US-Präsident Trump den Chinesen Protektionismus, den Diebstahl geistigen Eigentums sowie einen erzwungenen Transfer von Technologien vor, weil im chinesischen Markt tätigte US-Unternehmen chinesischen Firmen Lizenz- und Nutzungsrechte einräumen mussten. Im Präsidentschaftswahlkampf hatte Trump nicht nur den chinesischen, sondern auch den europäischen, namentlich den starken deutschen Import in die USA kritisiert.
Exporte sind von dem Handelskonflikt in beiden Richtungen negativ betroffen. Amerikanische Warenausfuhren mussten deutliche Rückgänge ihres China-Geschäftes hinnehmen. Chinesische Zulieferer sahen sich gezwungen, Teile der Fertigung außerhalb Chinas anzusiedeln, um den Strafzöllen zu entgehen. Da die Industrie weltweit verflochten ist, bestehen auch globale Lieferketten. Das gilt für US-amerikanische ebenso wie für europäische oder chinesische Unternehmen. Auch US-Firmen fertigen Produkte für den Weltmarkt mit in China hergestellten Komponenten. Diese Unternehmen müssen für die Beschaffung dieser Komponenten inzwischen höhere Preise zahlen.
Der Zollstreit verunsichert viele institutionelle Investoren. Seit Ausbruch des Konflikts gab es spürbare Rückschläge am Aktienmarkt, denen allenfalls vereinzelte und regionale Erholungen folgten. Ende 2018 sanken die Kurse weltweit ab. Den anschließenden Anstieg der US-Werte machten aber die meisten chinesischen und europäischen Aktien nicht mit. Zyklische Indizes wie der deutsche DAX rutschten ab und stagnierten auf eher bescheidenem Niveau.
Nachgebende Kurse sind aber stets gute Gelegenheiten für Kapitalanleger, um sich verhältnismäßig günstig mit Aktien einzudecken. Gerade für Value-Investoren, die unterbewertete Titel suchen, bietet sich momentan der Kauf von Unternehmensanteilen chinesischer und europäischer Firmen an.
Wie der Handelskonflikt weitergehen oder gar enden wird, kann seriöserweise nicht prognostiziert werden. Schließlich geht es nicht bloß um pragmatisch zu lösende Fragen, sondern unausgesprochen um politische und wirtschaftliche Hegemonie sowie um Technologieführerschaft. Doch bei aller Militanz wollen auch künftig Wahlen gewonnen werden. Eine stark in Mitleidenschaft gezogene amerikanische Wirtschaft könnte dem im Wege stehen. Diese Tatsache hält die Eskalationsbereitschaft auf US-Seite womöglich in Schach.
Daher stellt sich die Frage, welche Konsequenzen Kapitalanleger aus dieser Beurteilung ziehen sollten. Für langfristig orientierte Anleger gibt es grundsätzlich keinen Sinn, sich von marktbreiten oder gezielten Investments abhalten zu lassen. Denn renditestarke Anlagealternativen jenseits des Aktienmarktes gibt es wenige. Für an Stockpicking interessierte Anleger empfiehlt sich ein exakterer Blick auf einzelne Unternehmen und Branchen. Die meisten US-Titel trotzen den Wogen. Gleiches gilt selbst auf europäischer Seite für bestimmte Branchen. So haben sich z.B. Infrastrukturtitel gut behauptet.